ulrichblum hat geschrieben:In “Manhattan Project” ist es meine Aufgabe das Atomwaffen-Programm möglichst effektiv zu leiten. Will ich das? Ich persönlich nicht.
Es steht natürlich jedem frei, Spiele auszusortieren, weil das Thema einen nicht anspricht. Mir gefallen zum Beispiel keine Zombie-Spiele. Trotzdem finde ich es wichtig, dass es zu möglichst vielen Themen Spiele gibt.
richZann hat geschrieben:Persönlich würde ich so etwas auch nicht spielen wollen, ich finde es gibt Themen die man auf 1000 andere und bessere Arten thematisieren kann als mit einem Gesellschaftsspiel.
Viele in der Branche machen sich stark für das Kulturgut Spiel. Meines Erachtens ist der Einsatz dafür aber nur berechtigt, wenn Spiele – so wie andere Kulturgüter – auch schwierige Themen aufgreifen. Es gibt zum Beispiel zahlreiche Bücher über Konzentrationslager, Vergewaltigungen oder Sklaven. Das Buch „Die Abenteuer des Huckleberry Finn“ von Mark Twain gilt laut Wikipedia als Schlüsselwerk der US-amerikanischen Literatur. Der Film Schindlers Liste erhielt 1994 sieben Oscars und war für fünf weitere nominiert. Ich kenne kein Brettspiel, das solche Themen aufgreift und solch eine Bedeutung erlangt hat. Stattdessen spielen die meisten Brettspiele in Fantasywelten, in einem weichgespülten Mittelalter oder anderen historischen Epochen und Schauplätzen (Western, Industrialisierung, Renaissance, …).
Nun stellt sich mir die Frage: Warum ist das so? Vermutlich, weil sich nach Meinung der Verlage weichgespülte Themen besser verkaufen. Zweitens, weil meiner Meinung nach die Verlage in der Regel nicht mutig genug sind. Und wenn ein Verlag mal Mut beweist, dann ist es sehr wahrscheinlich kein deutscher Verlag. Pandemie kommt von Z-Man Games, Freedom: The Underground Railroad von Academy Games, Manhattan Project von Minion Games, War on Terror von Terrorbull Games und so weiter und so fort. Es könnte natürlich noch einen dritten Grund geben: Spiele sind so wie Du geschrieben hat, einfach kein geeignetes Medium für bestimmte Themen. Das sehe ich jedoch anders.
Ich weiß, dass Computerspiele sich von Brettspielen deutlich unterscheiden, aber trotzdem machen diese vor, wie es auch gehen kann. This War of Mine thematisiert Krieg, Hatred insziniert Amokläufe und Emotional Games lassen Spieler eine emotionale Achterbahnfahrt erleben. Unter
http://www.emotionalgamesawards.com/ steht dazu:
emotionalgamesawards.com hat geschrieben:It is always difficult to talk about emotions, most people say that they know what they are until you ask them to actually define them. Video games try one way or other to manipulate the emotions of the player, but all not emotions leave a permanent memory. Fear can be a strong emotion but it generally leaves few traces in the memories of the player; luckily so because when it does it's became a pathology. However the emotions considered as being complex (sympathy, compassion) can leave us, for many years, with the memory of a movie or a book.
[...] In video games the complexity and the quality of the emotions that we feel, more or less set our memories . You can be frightened twenty times by an alien, lost alone in space and not even keep any memories of this three months after playing this game on your favorite console. But you will never forget the sadness you felt and the context of the day where in a video game, your friend, or your pet disappeared, or the joy you felt when you finally found him alive. Many scientific researches show how the emotional feeling of the players influences the quality of the immersion and the feeling of presence in the video games. It is to this end, to improve, to question and also to highlight emotional experiences of quality, that we humbly give out these awards
Das ist es, was ich mir auch von Brettspielen wünschen würde. Ich wünsche mir ein Spiel, an das ich mich auch noch nach Monaten und Jahren erinnere, weil es mich berührt, schockiert oder fasziniert hat. Das schafft aber höchst wahrscheinlich nie ein Spiel mit einem weichgespülten Thema.
(Ein Brettspiel, das ich nie gespielt habe, das das aber anscheined schafft, ist übrigens Trains, siehe dazu viewtopic.php?f=5&t=390400). Jester_dt hat geschrieben:Ich finde es darf und sollte Spiele zu jedem Thema geben, jedoch finde ich es grenzwertig was als Erfolg in den Spielen belohnt wird. Beispielsweise kann ich mir vorstellen ein "Kriegsspiel" zu spielen, in dem auch Atombomben vorkommen. Ein No-Go wäre aber für mich, wenn es mit Punkten oder sonstwie belohnt werden würde, möglichst viele Zivilisten zu damit töten. Da hört der Spaß auf.
Richtig, da hört der Spaß auf. Aber wäre nicht gerade so ein Spiel Auslöser einer Debatte? Ich denke schon und sehe es wie TomTom-spielbox.
TomTom-spielbox hat geschrieben:Denn: Alles, was in einem Spiel thematisiert wird, wird damit auch diskutiert. Und eine Auseinandersetzung - auch mit schwierigen Themen! - halte ich immer für gut! Totschweigen hat noch niemandem geholfen; drüber reden und reflektieren schon.