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Verantwortung der Jury

Das ehemalige spielbox-Spielerforum
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espressina
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Verantwortung der Jury

Beitragvon espressina » 22. Juni 2012, 14:23

Als Betreuerin der Spieleabteilung in unserer Bücherei beobachte ich gerade den Otto Normalverbraucher sowohl bei der Auswahl als auch beim ersten Spiel aus unserem stets aktuell gefüllten Spiele-Regal.
Es ist wirklich unglaublich, wie schwer sich ungeübte Regelleser mit dem "Erlernen" einer Spielregel tun und abmühen. Deswegen biete ich mehrmals im Monat Hilfe in Form von Spielenachmittagen und -abenden an.
Wenn ich zum Beispiel an "Dominion" denke, da bekamen wir des öfteren von unseren Kunden das Spiel nach der Ausleihe zurück mit dem Kommentar: "Das war uns zu kompliziert, wir haben's gar nicht ausprobiert."
"Qwirkle" war da schon leichtere Kost und ist dementsprechend auch ständig ausgeliehen, während Dominion und Erweiterungen mehr oder weniger im Regal schlummern.
Ich kann mir lebhaft vorstellen, wieviele der bisherigen Spiele des Jahres, oft in bester Absicht verschenkt, ebenso in dornröschenhaften Tiefschlaf gefallen sind.
Der einfache Familienspieler wünscht sich tatsächlich ein Spiel des Jahres, das er an den Weihnachtstagen mit Kind, Kegel und Oma jederzeit sofort spielen kann, und auch Spaß daran hat. So ein Spiel wird auch immer wieder ohne wiederholtes aufwändiges Regelstudium auf den Tisch gebracht, und kann auch anwesenden Gästen empfohlen und erklärt werden.
Wir Mehr- und Vielspieler dürfen die Realität nicht aus den Augen verlieren, sonst wird die Schere zum immer seltener spielenden Normalo immer größer.
Ich hoffe sehr, dass die Jury ihre vor allem auch wirtschaftliche Verantwortung ernst genug nimmt und alle nominierten Spiele oft genug und mit vielen Leuten unterschiedlichster Grundlagen und unterschiedlichstem Alter ausprobiert, um sich dann für das richtige Spiel des Jahres zu entscheiden!

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Christian Brunner
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Re: Verantwortung der Jury

Beitragvon Christian Brunner » 22. Juni 2012, 14:55

Die SdJ-Jury hat eine "wirtschaftliche Verantwortung"?

Das wäre mir neu.

Ich verweise mal wieder auf die FAQ-Seite des Vereins im Allgemeinen: http://www.spiel-des-jahres.com/cms/front_content.php?idcat=29 und zitiere:

"Wer gibt der Jury das Recht, die Auszeichnung „Spiel des Jahres“ zu vergeben, was ja erhebliche wirtschaftliche Folgen hat?

Niemand. Es kann schon allein wegen der notwendigen Unabhängigkeit keine übergeordnete staatliche oder private Instanz geben, die eine Jury einsetzt und mit Kompetenz ausstattet. Sofern die Jury über Autorität beziehungsweise Glaubwürdigkeit verfügt, ergibt sich das aus ihrer langjährigen und anerkanntermaßen erfolgreichen Tätigkeit. Das Recht, Entscheidungen von großer Tragweite zu treffen, setzt also die anhaltende Kompetenz, Unabhängigkeit und Unbestechlichkeit der Jury-Mitglieder voraus. Und abgesehen von all dem war es immerhin die Jury, die den Preis gegründet hat – sie hat sich das Recht also selbst geschaffen."

Und ich sehe es auch nicht in der Verantwortung der Jury, nur simpelste Spiele, die auch ja keinen Mitmenschen überfordern könnten, auszuzeichnen. Dann gäbe es nämlich jedes Jahr den roten Pöpel nur für MäDn-, Kniffel- und Uno-Klone!

Das Spiel des Jahres soll das Kulturgut Spiel fördern, so das Hauptziel des Vereins und des Preises. Zu jedem Spiel gehören Regeln, die erlernt werden müssen. Manche sind kürzer, manche sind länger. Manche sind einfach, andere komplexer. Ich behaupte, dass die Spielregeln aller drei für den diesjährigen Hauptpreis nominierten Spiele vom "Durchschnittsdeutschen" erlernt, verstanden und weiter vermittelt werden können. Denn wenn nicht, dann Gute Nacht, Deutschland!

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PzVIE-spielbox
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Re: Verantwortung der Jury

Beitragvon PzVIE-spielbox » 22. Juni 2012, 15:24

Ich glaube gar nicht, dass die Leute zu dumm sind um ein paar Seiten Regeln zu behirnen. Sie sind nur zu faul.

Es ist generell ein Trend, alles Mundgerecht serviert zu bekommen. Schau Dir die vielen Anfragen für deutsche Regeln an - jeder von uns hat Englisch in der Schule gelernt, und mit nur ein klein wenig Anstrengung könnte er jede englische Regel lesen. Aber soviel Aufwand ist viel zu viel. Und mit Spielregeln auf deutsch, die mehr als 2 Seiten umfassen, ist es genauso. :cry:

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LeFonz
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Genau

Beitragvon LeFonz » 22. Juni 2012, 15:53

Wenn es wirklich immer nur die einfachsten Spiele mit 4 Regeln sein dürfen, hätte es ein Siedler von Catan nie gegeben.

Und ich behaupte mal ganz frech, dass dann die Spielelandschaft hier deutlich anders aussehen dürfte.

Ich finde, dass man als "Vielspieler" einfach die Verantwortung übernehmen sollte, immer mehr Leute zum Spielen zu verführen.

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espressina
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Re: Genau

Beitragvon espressina » 22. Juni 2012, 16:20

Ich geb euch ja im Prinzip allen Recht.
Aber die Realität ist halt:
- Wenigspieler haben Probleme mit umfangreicheren Regeln; egal ob hausgemacht, zu faul oder unfähig
- daraus ergibt sich einfach, dass viele Spiele im Regal verstauben und die vorhandene Vielfalt nicht genutzt wird
- das Kulturgut Spiel kann ich nur fördern und aktivieren, wenn auch gespielt wird
- Vielspieler sind oft zu weit weg von der Masse...
- Die Konsequenz der Wahl ist nun mal wirtschaftlich gesehen inzwischen immens wichtig und folgenschwer geworden, das kann man nicht verleugnen, egal, was man sich auf die Fahne schreibt.

Ich kritisiere mit meiner Meinung auch keine Entscheidungen, sondern wollte nur meine Beobachtungen aus dem spielerischen Alltag loswerden.

Thygra
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Re: Genau

Beitragvon Thygra » 22. Juni 2012, 16:34

espressina schrieb:
> - Die Konsequenz der Wahl ist nun mal wirtschaftlich gesehen
> inzwischen immens wichtig und folgenschwer geworden, das kann
> man nicht verleugnen, egal, was man sich auf die Fahne
> schreibt.

Aber daraus folgt meines Erachtens keine wirtschaftliche Verantwortung der Jury.
André Zottmann (geb. Bronswijk)
Thygra Spiele
(u. a. für Pegasus Spiele tätig)

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widow-s-cruse

Re: Genau

Beitragvon widow-s-cruse » 22. Juni 2012, 17:40

Hallo,

Anita ist halt oft in der Wirtschaft vorzufinden, wenn auch das im Rahmen eines kulturellen Auftrags geschieht. Da sollten man das eine nicht mit dem anderen durcheinander bringen. :-D

Liebe Grüße
Nils

http://www.facebook.com/AiblingerZockerbande

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Daniel R.
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Re: Verantwortung der Jury

Beitragvon Daniel R. » 22. Juni 2012, 17:44

Hmm, da an Deinem Arbeitsplatz genauso Bücher verkauft werden, überlege ich mir gerade, wie Deine Bitte/Forderung klingen würde, wenn sie die Bücher beträfe:
"Es ist wirklich unglaublich, wie schwer sich ungeübte Bücherleser mit dem "Lesen" eines Buches tun und abmühen. Deswegen biete ich mehrmals im Monat Hilfe in Form von Lesenachmittagen und -abenden an.
Wenn ich zum Beispiel an "Der Name der Rose" denke, da bekamen wir des öfteren von unseren Kunden das Buch nach der Ausleihe zurück mit dem Kommentar: "Das war uns zu kompliziert, wir haben's gar nicht zu Ende gelesen."
"Der Struwwelpeter" war da schon leichtere Kost und ist dementsprechend auch ständig ausgeliehen, während "Der Name der Rose" oder "Die Säulen der Erde" mehr oder weniger im Regal schlummern.
Ich kann mir lebhaft vorstellen, wieviele der bisherigen Bücher des Jahres, oft in bester Absicht verschenkt, ebenso in ungelesen im Regal geblieben sind."

Klingt irgendwie absurd, nicht wahr?
Kein (Roman-)Schriftsteller würde auf die Idee kommen, seine Werke hinsichtlich Otto Normalleser, bewusst in einfacher Sprache zu halten. Also extra auf Fremdwörter, gewählte Sprache, rethorische Kniffe oder hochtrabende Metaphern zu verzichten. (Weil Kritiker dann eben mangelnden Wortschatz etc. kritisieren würden). Für die Zielgruppe "Einfachleser" gibt's ja die Groschenromane am Kiosk...

Wie andere hier schon geschrieben haben, gibt es keine "wirtschaftliche Verantwortung" durch die Jury, eben WEIL sie unabhängig davon Kulturförderung betreiben will.
Und deswegen wäre es kontraproduktiv aufgrund eines Convenience-Trends absichtlich nur noch das Einfache vom Einfachsten zu prämieren.

Wenn ein einfaches Spiel genial ist (um umgekehrt), dann verdient es den Preis erst recht, nur darf "einfach" nicht dasjenige Merkmal sein, das am höchsten gewichtet wird.

Unbestritten ist Spieleentwicklung so was wie eine Kunst.
Regelschreiben auf eine Art und Weise, dass es Otto Normalo auch versteht und umsetzten kann, offensichtlich auch.

Greets Daniel

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espressina
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Re: Verantwortung der Jury

Beitragvon espressina » 22. Juni 2012, 18:43

Vielleicht sollte ich es "moralische" Verantwortung aus inzwischen Gründen der wirtschaftlichen Konsequenzen nennen?
Übrigens verkaufen wir keine Spiele, sondern wir entleihen sie - genau aus dem übereinstimmenden Grund - nämlich um das Kulturgut Spiel zu fördern.
Und da hab ich eben meine Erfahrung, meine Rückmeldungen und meine unbestechliche objektive Statistik, aus der hervorgeht, was die Familien am liebsten ausleihen/spielen.

Und der Vergleich mit den Büchern ist vielleicht gar nicht sooo weit hergeholt, denn die Leseförderung (in dem Fall meist für Kinder) ist inzwischen genauso wichtig und verantwortungsvoll, weswegen auch hier zwischen trivialer und leichter, aber trotzdem guter Kost unterschieden werden muss. Allerdings gibt es im Buchhandel meines Wissens keine soo gewichtigen Preis, der alleinig dem Verbraucher ein einziges Buch (von mir aus für verschiedene Altersklassen) als DAS Beste empfiehlt.
Aber diese Bedeutsamkeit beim Verbraucher konnte die Jury des SdJ bei der Gründung des Preises und der Satzungsfestlegung sicher auch nicht ahnen...

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peer

Re: Genau

Beitragvon peer » 22. Juni 2012, 18:43

Hi,
LeFonz schrieb:
>
> Wenn es wirklich immer nur die einfachsten Spiele mit 4
> Regeln sein dürfen, hätte es ein Siedler von Catan nie
> gegeben.

Auch Pokemon - eines der erfolgreiecheren Spiele der letzten Jahre - hat relativ komplizierte Regeln. Von Magic, Skat und Doppelkopf ganz zu schweigen.
Bei den Siedlern half allerdings auch die innovative Regel ganz stark am Erfolg mit (denke ich jedenfalls) - da gibt es noch Handlungsspielraum für kreative Köpfe + umsetzende Verlage!

ciao
peer

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espressina
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Re: Verantwortung der Jury

Beitragvon espressina » 22. Juni 2012, 19:01

Und das sind Leute, die öfter als einmal im Monat spielen - spielen ist für diese ein (oder das) Hobby. Da sollte die Motivation, eine Regel selber zu erarbeiten - egal ob aus dem englischen oder in deutsch - eigentlich größer sein.
Wie du schon sagst hat wohl auch hier im Forum die Bequemlichkeit ihren Platz. (Ausgenommen natürlich die verschiedenen Auslegungsmöglichkeiten oder Varianten)
Wie soll man aber einen Familienvater oder -mutter motivieren, ein Spiel zu erarbeiten, das Weihnachten zuletzt gespielt wurde und das vielleicht zu viele Einzelheiten, Kenntnisse und Zusammenhänge für einen ausgewogenen Spielespaß benötigt?
Allerdings finde ich es zum Beispiel sehr gut, dass "Antolin" auch das Spielregellesen bei Kindern einbezieht. Dann können es teilweise die Sprößlinge übernehmen, ein neues Spiel in der Familie zu integrieren.

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ravn

Re: Verantwortung der Jury

Beitragvon ravn » 22. Juni 2012, 20:18

espressina schrieb:
>
> Vielleicht sollte ich es "moralische" Verantwortung aus
> inzwischen Gründen der wirtschaftlichen Konsequenzen nennen?

Irgendwas ist an der Diskussion schief, ich kann es nur noch nicht wirklich packen. Weil andere Hobbys neben Gesellschaftsspiele brauchen doch auch keine Überzeugungsarbeit. Entweder man hat ein Grund-Interesse an Fussball, Modellbau, was-auch-immer und kniet sich da rein, sucht sich Gleichgesinnte oder man lässt es, weil es dann doch zu anstrengend, kompliziert oder schlicht für einen ungeeignet ist.

Warum sollen da die Gesellschaftsspiele eine Sonderrolle übernehmen, bei der das "gemeine Volk" von dem guten Spiel überzeugt werden muss? Haben wir so ein Missionierungs-Bedürfnis?

Cu / Ralf

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Martin

Re: Verantwortung der Jury

Beitragvon Martin » 22. Juni 2012, 20:40

.PzVIE schrieb:

>
> Es ist generell ein Trend, alles Mundgerecht serviert zu
> bekommen. Schau Dir die vielen Anfragen für deutsche Regeln
> an - jeder von uns hat Englisch in der Schule gelernt, und
> mit nur ein klein wenig Anstrengung könnte er jede englische
> Regel lesen. Aber soviel Aufwand ist viel zu viel.

Ich halte die blöde Übersetzerei auch für totalen Quatsch. Da wird irgendwelchen faulen Säcken nur die Arbeit abgennommen.

Als Kenzaburo Oe den Literaturnobelpreis bekam, hab ich mir seine Werke daher auch im Original reingezogen...

Gruß

Martin
(der Überstezungen eigentlich ganz praktisch findet und englischsprachige Seiten meidet)

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espressina
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Re: Verantwortung der Jury

Beitragvon espressina » 22. Juni 2012, 20:54

hmmm....
"Spiel ist notwendig zur Führung eines menschlichen Lebens. (Thomas von Aquin)"
"Der schönste Gewinn beim Spiel ist der einer Freundschaft!"
"Etwas Gescheiteres kann einer doch nicht treiben in dieser schönen Welt als zu spielen. Mir kommt das ganze Leben vor wie ein Spiel." (Henrik Ibsen, 1828-1906, norwegischer Dramatiker)
usw.....

Ehrlich gesagt finde ich persönlich, dass natürlich jedes gemeinsame Hobby in der Familie den Zusammenhalt fördert, aber das Spielen liegt halt in der Natur des (schon kleinen) Menschen, d.h. man kann es altersgemäß jederzeit, und wetterunabhängig, ohne großes, teueres Equipement, ganz spontan einfach tun. Es fördert das Sozialverhalten, bringt Generationen zusammen und erfordert keine bzw. nur wenig körperliche Konditionen, also auch barrierefrei möglich, und, und, und....
Ich sehe in meiner ehrenamtlichen Arbeit in der Bücherei einfach diesen Auftrag *schulterzuck*

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Mapache
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Re: Verantwortung der Jury

Beitragvon Mapache » 23. Juni 2012, 00:46

Der Vergleich mit den Büchern passt nicht. Ein Buch kann jeder, Lesefähigkeit und Spachverständnis vorausgesetzt, lesen. Es kann sein, dass ihm das Buch nicht gefällt, dann hat er aber "nur" ein paar Minuten oder Stunden mit dem Lesen verbracht, er musst nicht erst Minuten oder Stunden damit verbringen zu lernen wie man dieses Buch liest und dann noch mal Minuten oder Stunden um zu sehen ob ihm das Buch gefällt. Und bei Büchern kann man, auf Grund der Quantität, aber auch auf Grund von Empfehlungen und Erfahrung, sehr schnell merken, was einem gefallen wird und was nicht. Es gibt sicher genug Menschen, die nie ein Buch eines Literaturnobelpreisträgers anfangen würden. Gerade beim Namen der Rose kann ich mir gut vorstellen, dass sehr viele Leute das Buch bald wieder zur Seite legen. Über wieviele Seiten ging die Beschreibung der Eingangstür?
Beim Lesen kann ich Spass haben, ohne alles zu verstehen. "Die Liebe in den Zeiten der Cholera" ist ein schönes Buch, auch wenn ich viele der Anspielungen nicht verstehe und wenn ich mir das Leben in Kolumbien nicht vorstellen kann. Wenn ich dieses Wissen habe, dann gewinnt das Buch nochmals, aber es ist vorher schon für viele ein gutes Buch. Ebenso kann ich in vielen Sportarten Spass haben, ohne die Regeln genau zu kennen. Der Ball muss zwischen diese beiden Pfosten und es gibt zwei Mannschaften. Das reicht an Fussballwissen um schon eine Menge Spass zu haben. Wenn man eine 7 würfelt, dann kommt der Räuber, ansonsten gibt es Schafe reicht eben nicht um mit Siedler Spass zu haben.
Um Leute an Spiele heranzuführen müssen die Spiele in den meisten Fällen klare und einfache Regeln haben. Je mehr Menschen spielen, desto eher sind sie bereit, Spass am Spielen vorausgesetzt, auch komplexere Regeln zu lernen.
Ich kann den Post von espressina gut verstehen. Um Leute zum Spielen zu bringen sollte man ihnen eben keinen Ringkrieg vorsetzen, genauso wie die meisten Leute nicht "Krieg und Frieden" als erstes Buch lesen werden. Der rote Pöppel ist für viele eine große Orientierungshilfe, je mehr Leute an Weihnachten dann dazu kommen, ein Spiel zu spielen, anstatt die Regeln gleich wieder wegzulegen und den Fernseher anzuschalten, desto besser. Was nicht heissen soll, dass nichts komplizierter als "Mensch ärgere dich nicht" sein darf.

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ravn

Re: Verantwortung der Jury

Beitragvon ravn » 23. Juni 2012, 01:03

espressina schrieb:
> Ehrlich gesagt finde ich persönlich, dass natürlich jedes
> gemeinsame Hobby in der Familie den Zusammenhalt fördert,
> aber das Spielen liegt halt in der Natur des (schon kleinen)
> Menschen, d.h. man kann es altersgemäß jederzeit, und
> wetterunabhängig, ohne großes, teueres Equipement, ganz
> spontan einfach tun.

Vollste Zustimmung - wenn es um das freie Spiel ohne von aussen aufgepropfte Regeln geht. Mit Bauklötzen gemeinsam was bauen, verstecken spielen und und und ... funktioniert alles, ohne dass es geschriebene Regeln von Dritten braucht. Die Regeln entwickeln sich einfach beim Spiel selbst, können deshalb nicht falsch oder überfordernd sein.

Jetzt kommt aber eine Gruppe auf die Idee, ein Spiel mitsamt das für das Spiel benötigten Material in eine Schachtel zu packen und Anweisungen aufzuschreiben, die das Spiel genauso so regeln sollen, wie die Gruppe (= Autor, Verlag) es sich erdacht haben.

Wunderbar. Aber wenn diese Form der Regelvermittlung dann nicht funktioniert, egal warum auch immer, dann taugt das Spiel nichts. Oder konkreter: Das Spiel taugt dann nichts für die Allgemeinheit, sondern nur für eine ganz spezielle Gruppe an Spieler.

Problematisch wird es dann, wenn dieses Spiel aber für die Allgemeinheit beworben wird. Und schon sind wir beim "Spiel des Jahres", dass eben leider nicht immer für die Allgemeinheit was getaugt hat und zwar immer dann, wenn Spiele nicht verstanden worden sind.

> Ich sehe in meiner ehrenamtlichen Arbeit in der Bücherei
> einfach diesen Auftrag *schulterzuck*

Heisst also, dass moderne Spiele im Idealfall jemanden brauchen, der über ausreichend Erfahrung (die man sich auch aneignen kann) verfügt, um solche Spiele der Allgemeinheit näher zu bringen.

Und hier, so glaube ich, macht es sich die "Spiel des Jahres"-Jury in der Aussenwahrnehmung zu einfach, weil die Förderung des Kulturgutes Spiel nicht damit enden kann, Auszeichnungen auf Schachteln kleben zu lassen. Oder wird darüber hinaus auch versucht, die Spiele für die Allgemeinheit verständlich werden zu lassen? Wenn ja, ist das zumindest bei mir noch nicht angekommen. Eher sind es die Spieler selbst, die eine Vermittlerrolle einnehmen für ihr Umfeld.

Aber da sind wir schon wieder beim Missionierungs-Eifer an Stellen, wo eventuell gar keine Hilfe verlangt wird, weil sowieso das Grundinteresse fehlt. Eventuell sollten wir und schlicht damit abfinden, dass nicht alle Spiele und auch nicht jedes "Spiel des Jahres" für die Allgemeinheit was taugt und es schlicht Fehlkäufe gibt, weil Interessen falsch eingeschätzt werden.

Macht das Sinn?

Cu / Ralf

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Braz
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[OT] Bücher

Beitragvon Braz » 23. Juni 2012, 01:07

Mapache schrieb:
>
> Der Vergleich mit den Büchern passt nicht. Ein Buch kann
> jeder, Lesefähigkeit und Spachverständnis vorausgesetzt,
> lesen. Es kann sein, dass ihm das Buch nicht gefällt, dann
> hat er aber "nur" ein paar Minuten oder Stunden mit dem Lesen
> verbracht, er musst nicht erst Minuten oder Stunden damit
> verbringen zu lernen wie man dieses Buch liest und dann noch
> mal Minuten oder Stunden um zu sehen ob ihm das Buch gefällt.

sorry, wenn ich mal kurz einhake, aber ganz so stimmt das mE nicht: Es gibt einige Bücher, die für viele Deutsche wahrscheinlich spanisch klingen würden, einfach weil sie lange Verschachtelungssätze beinhalten, oder viele Fremdwörter darin verwendet werden....und ich rede jetzt gar nicht mal von so "experimentellen" Büchern wie z.B. "Das Haus / House of Leaves".

Deine Aussage [i]"Um Leute an Spiele heranzuführen müssen die Spiele in den meisten Fällen klare und einfache Regeln haben" [/i]
kann ich genauso auch auf Bücher anwenden und würde stimmen
[i]"Um Leute ans Lesen heranzuführen müssen die Romane in den meisten Fällen klare und einfache Wörter und Satzstrukturen haben.." [/i]

[Mutmaß-Modus an]
Eine Menge an Büchern, die vom damaligen literarischen Quartett empfohlen wurden, sind für viele Leute wahrscheinlich uninteressant -> weil nicht lesbar bzw. inhaltlich nicht erfassend....genau wie bei den Spielregeln...
[Mutmaß-Modus aus]

Grüße
Braz

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Guido
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Re: Verantwortung der Jury

Beitragvon Guido » 23. Juni 2012, 04:56

ravn schrieb:

> Und hier, so glaube ich, macht es sich die "Spiel des
> Jahres"-Jury in der Aussenwahrnehmung zu einfach, weil die
> Förderung des Kulturgutes Spiel nicht damit enden kann,
> Auszeichnungen auf Schachteln kleben zu lassen. Oder wird
> darüber hinaus auch versucht, die Spiele für die
> Allgemeinheit verständlich werden zu lassen?

...

> Aber da sind wir schon wieder beim Missionierungs-Eifer an
> Stellen, wo eventuell gar keine Hilfe verlangt wird, weil
> sowieso das Grundinteresse fehlt. Eventuell sollten wir und
> schlicht damit abfinden, dass nicht alle Spiele und auch
> nicht jedes "Spiel des Jahres" für die Allgemeinheit was
> taugt und es schlicht Fehlkäufe gibt, weil Interessen falsch
> eingeschätzt werden.
>
> Macht das Sinn?
>
> Cu / Ralf

Naja, die SDJ-Jury versucht ja, die Allgemeinheit zu erreichen, in dem sie Spiele mit einfachem Zugang, sprich einfach Regeln kürt. Das ist sicherlich nicht dumm gedacht, denn meistens müssen sich die Leut die Regel ja doch selbst erarbeiten, da es eben kein "Medium" in Form eines "Vielspielers" vor Ort gibt, der mal eben das Spiel erklärt und die Einhaltung der Regeln während des Spiel überwacht. Trotzdem finde ich eine Diskussion um (noch) einfachere Spiele und kurze oder lange Regeln im Zusammenhang mit dem Erreichen oder Nichterreichen von potentiellen Spielern zweitrangig, wenn nicht sogar kontraproduktiv. Wichtig wäre erstmal überhaupt ein Interesse für Brettspiele zu wecken. Großes Problem meiner Meinung nach: sehr viele Leut verbinden mit Spielen Wettkampf, Siegen oder Verlieren. Das schreckt viele ab, gerade wenn sie auf sich allein gestellt sind und nicht, wie bei Partyspielen oft üblich, im Team antreten und so wenigstens gemeinsam "untergehen". Solchen Leuten nun aber zu zeigen, dass Spielen für alle Beteiligten ein Gewinn sein kann, abseits von Sieg oder Niederlage, ist die große Herausforderung. Schlüssel dazu wäre imho, den Leuten ein Spielerlebnis zu bieten, in das sie abtauchen können, das Emotionen weckt und trotzdem oder gerade deshalb immer wieder gerne entdeckt werden möchte.. Bei den meisten einfachen Spielen bleibt solch eine tiefere Spielwelt aber auf der Strecke als das weiteres Interesse für diese Art der Freizeitbeschäftigung geweckt werden würde. Und diejenigen Spiele, die eine solche hätten, sind für Neulinge ein bisschen zu groß. Es ist also nicht einfach, Spiele zu finden, die bei Spieleneulingen Interesse wecken. Siedler war da eine echte Ausnahme. Spielwelt und Zugang in perfektem Verhältnis (ok, sicherlich auch wegen der Art der Regelgestaltung). Carcassonne wäre da etwas abgeschlagen auch zu nennen, aber sonst? Dominion z.B finde ich zu mechanisch. Qwirkle ist zwar einfach, kommt auch meist gut an, ist aber etwas zu abstrakt, um Neulinge für Brettspiele im Allgemeinen zu begeistern.
Die Balance zwischen Kosten und Nutzen von Regelaufwand zu Spielwelt zu finden ist nicht einfach. Daher würde ich auch das SDJ nicht so überbewerten, auch wenn er sicherlich eine gute Figur macht, aber es ist kein Allheilmittel gegen Spielemuffel. Denn wenn so gar kein Interesse am Spielen besteht, nützt auch ein Siedler nix, um die Leut an den Tisch zu locken. Hier müssen sich die Vielspieler auch einfach mal eingestehen, dass die Welt nicht schlechter wird, wenn nicht alle Menschen Brettspiele spielen.

erlebinsreiche Grüße
Guido

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Re: Verantwortung der Jury

Beitragvon espressina » 23. Juni 2012, 07:39

Ja, es ist und bleibt eine Gratwanderung...
Vor allem wegen den Leuten, die gern ab und zu spielen würden und dann eben mal schnell ein Spiel aus dem Regal ziehen -egal ob in der Bücherei oder beim Fachhandel.

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Re: Verantwortung der Jury

Beitragvon PzVIE-spielbox » 23. Juni 2012, 08:10

Martin schrieb:

>
> Als Kenzaburo Oe den Literaturnobelpreis bekam, hab ich mir
> seine Werke daher auch im Original reingezogen...
>
> Gruß
>
> Martin
> (der Überstezungen eigentlich ganz praktisch findet und
> englischsprachige Seiten meidet)

Sehr lustig :-)

Man schreibt ihn übrigens so: "Kenzaburō Ōe".

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Mapache
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Re: [OT] Bücher

Beitragvon Mapache » 23. Juni 2012, 10:57

Sehe ich anders. Du setzt zu spät an. Wenn das Ziel ist Spaß zu haben, dann habe ich den beim Buch durch eine Geschichte die mich unterhält, durch Spannung, Wortwitz, ... Im Spiel durch ein Spiel das mich unterhält, den Kampf um den Sieg, die Geschichte die erzählt wird, ...
Egal wie komplex das Buch an sich ist, die Regeln sind meist einfach und für die meisten Bücher gleich. Auf Seite 1 anfangen, von links oben nach rechts unten jedes Wort der Reihe nach lesen. Falls kein Wort mehr auf der Seite ist, dann mit der nächsten Seite weitermachen, falls keine Seite mehr da ist umblättern, falls man nicht mehr umblättern kann: "Geschafft". Man kann sofort loslegen und sehen, ob man sich vom Inhalt unterhalten fühlt. Wenn man unsicher ist, dann liest man mal etwas quer oder schaut sich Kritiken an. Beim Spiel muss ich erst, teilweise recht viel, Arbeit investieren, bevor ich feststellen kann, dass ich den Inhalt nicht mag. Man kann nicht mal mitten reinspielen. Ob einem komplexe Schatelsätze oder komplexe Querabhängigkeiten von Spielkarten liegen oder abschrecken, das merkt man erst, wenn man sie erfahren hat. Beim Lesen klappt das eher als beim Spielen, weil viele beim Spielen leider nicht so weit kommen.

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Daniel R.
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Re: [OT] Bücher

Beitragvon Daniel R. » 23. Juni 2012, 11:19

Braz schrieb:
> Es gibt einige Bücher, die für viele Deutsche
> wahrscheinlich spanisch klingen würden, einfach weil sie
> lange Verschachtelungssätze beinhalten, oder viele
> Fremdwörter darin verwendet werden....
> [Mutmaß-Modus an]
> Eine Menge an Büchern, die vom damaligen literarischen
> Quartett empfohlen wurden, sind für viele Leute
> wahrscheinlich uninteressant -> weil nicht lesbar bzw.
> inhaltlich nicht erfassend....genau wie bei den Spielregeln...
> [Mutmaß-Modus aus]

Volle Zustimmung bzw. besten Dank für die unerwartete Unterstützung.

Gruß Daniel

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Re: [OT] Bücher

Beitragvon Braz » 23. Juni 2012, 11:28

Also ich finde nicht, dass ich zu spät ansetze. Ich weiß zwar was du meinst, aber wenn espressina schreibt: [i]"Wenn ich zum Beispiel an "Dominion" denke, da bekamen wir des öfteren von unseren Kunden das Spiel nach der Ausleihe zurück mit dem Kommentar: "Das war uns zu kompliziert, wir haben's gar nicht ausprobiert." [/i]
dann hadern viele Leute ja mit den Regeln und nicht erst mit dem Spiel. Folglich: Sie scheitern am Geschriebenen.....eben genau so, als wenn ich ein Buch lese, dass ich nicht verstehe. Nimm einen "Durchschnittsdeutschen" (was immer das auch sein mag) und lass ihn mal irgendwas von Kafka lesen....er fängt an...liest die Zeilen von links nach rechts und die Seite von oben nach unten und unten angekommen fragt er sich:"Was war das?" und fängt die Seite wieder von oben an....liest sie wieder und wieder und versteht vielleicht nicht den Inhalt....legt das Buch weg...und weiß gar nicht, ob ihm der Inhalt an sich (wäre er z.B. verfilmt worden) gefallen hätte.

Von daher: Spielregel und Buch sind daher -da gleiches Medium- für mich direkt miteinander vergleichbar. Die Geschichte im Buch oder das SPiel hinter der Regel erschließt sich erst, wenn man die Wörter darin begreifen kann.

Du schreibst:
[i]
"Beim Spiel muss ich erst, teilweise recht viel, Arbeit investieren, bevor ich feststellen kann, dass ich den Inhalt nicht mag. Man kann nicht mal mitten reinspielen. Ob einem komplexe Schatelsätze oder komplexe Querabhängigkeiten von Spielkarten liegen oder abschrecken, das merkt man erst, wenn man sie erfahren hat. Beim Lesen klappt das eher als beim Spielen, weil viele beim Spielen leider nicht so weit kommen. " [/i]

Das stimmt.....sehe ich ähnlich, aber nimm mein Beispiel mit dem Film: Das Buch erzählt eine Geschichte. Die Geschichte an sich könnte man vielleicht mögen, bestünde das Buch nicht aus so vielen Schachtelsätzen oder Fremdwörtern oder Handlungssprüngen oder langen Handlungspausen etc.
Für mich ist in diesem Fall das "Spiel" die "Geschichte" und nicht wie ansch. für dich, dass das "Spiel" nach der "Geschichte" kommt. ;-)


Grüßle
Braz

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Daniel R.
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Re: Verantwortung der Jury

Beitragvon Daniel R. » 23. Juni 2012, 11:45

Mapache schrieb:
>
> Der Vergleich mit den Büchern passt nicht.

Ich habe ihn benutzt, weil expressina nicht nur im Spieleverleih arbeitet sondern eben auch Bücherverleih.
Hätte sie in einer KFZ-Werkstatt gearbeitet, hätte der Vergleich mit Autos stattgefunden.


> Ein Buch kann
> jeder, Lesefähigkeit und Spachverständnis vorausgesetzt,
> lesen. Es kann sein, dass ihm das Buch nicht gefällt, dann
> hat er aber "nur" ein paar Minuten oder Stunden mit dem Lesen
> verbracht, er musst nicht erst Minuten oder Stunden damit
> verbringen zu lernen wie man dieses Buch liest und dann noch
> mal Minuten oder Stunden um zu sehen ob ihm das Buch gefällt.

Ich verstehe zwar was Du meinst, aber so wie es einen Kurzbeschrieb über den Buchinhalt auf dem Rückdeckel gibt, so gibt es eine Übersicht über das Spiel auf der Rückseite der Spieleschachtel.


> Und bei Büchern kann man, auf Grund der Quantität, aber auch
> auf Grund von Empfehlungen und Erfahrung, sehr schnell
> merken, was einem gefallen wird und was nicht.

Das selbe gilt auch für Spiele:
Du findest den Roman "Sakrileg" von Dan Brown spitze, dann interessierst Du Dich auch für seinen Folgeroman.
Analog: Du findest Spiel Agricola von Uwe Rosenberg super, dann interessiert Dich auch sein nächstes Spiel.

Du kannst sogar noch weiter gehen und die Autoren durch die Spielverlage ersetzen, weil gewisse Verlage immer die gleiche Zielgruppe ansprechen.

> Es gibt sicher
> genug Menschen, die nie ein Buch eines
> Literaturnobelpreisträgers anfangen würden. Gerade beim
> Namen der Rose kann ich mir gut vorstellen, dass sehr viele
> Leute das Buch bald wieder zur Seite legen. Über wieviele
> Seiten ging die Beschreibung der Eingangstür?

Eben deshalb war es ein prima Beispiel: hochstehende Literatur, aber nicht "Einsteigerfreundlich".
Wer hat nun recht: der Kritiker der es lobt, oder der Bildungsfremde, der das Papier im Kamin verfeuert?

> Ebenso kann ich
> in vielen Sportarten Spass haben, ohne die Regeln genau zu
> kennen. Der Ball muss zwischen diese beiden Pfosten und es
> gibt zwei Mannschaften. Das reicht an Fussballwissen um schon
> eine Menge Spass zu haben.

Aber auch im Fussball gibt es die Abseits-Regel, welche zu verstehen offensichtlich vielen Mühe bereitet.

Umgekehrt werden immer wieder Spiele absichtlich oder unabsichtlich, nicht mit dem vom Autor zur Verfügung gestellten Regeln gespielt (bzw. eine Regel falsch angewandt muss das Spiel noch nicht kaputt machen).


> Wenn man eine 7 würfelt, dann
> kommt der Räuber, ansonsten gibt es Schafe reicht eben nicht
> um mit Siedler Spass zu haben.

Woher weisst Du, das dies Allgemeingültigkeit hat? Kannst Du das begründen? Ich nehme an, dies ist einfach deine persönliche Meinung.

> Um Leute an Spiele heranzuführen müssen die Spiele in den
> meisten Fällen klare und einfache Regeln haben.

Zustimmung in dem Sinne, dass die Regeln verständlich und nachvollziehbar sein müssen. Ein Leser muss eine Erklärung für "Phase 2" verstehen können, ohne bereits "Phase 4" zu kennen, die erst später erklärt wird.

> Je mehr
> Menschen spielen, desto eher sind sie bereit, Spass am
> Spielen vorausgesetzt, auch komplexere Regeln zu lernen.
> Ich kann den Post von espressina gut verstehen. Um Leute zum
> Spielen zu bringen sollte man ihnen eben keinen Ringkrieg
> vorsetzen, genauso wie die meisten Leute nicht "Krieg und
> Frieden" als erstes Buch lesen werden.

Einverstanden. Dies ist "gesunder Menschenverstand".

> Der rote Pöppel ist
> für viele eine große Orientierungshilfe, je mehr Leute an
> Weihnachten dann dazu kommen, ein Spiel zu spielen, anstatt
> die Regeln gleich wieder wegzulegen und den Fernseher
> anzuschalten, desto besser.

Ja sicher, und doch soll das prämierte Spiel nicht zu trivial sein (im Sinne von belanglos), ansonsten wird das Kulturgut Spiel nicht mehr "gefördert", sondern "totengegrabt".
Es soll ein zwar einfache zu erlerndes Spiel sein, aber keinen Schund.

> Was nicht heissen soll, dass
> nichts komplizierter als "Mensch ärgere dich nicht" sein darf.

Hier die Balance zwischen Spielspass / einfach zu lernen / Kulturförderung zu finden ist die Herausforderung für die Jury.

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Mapache
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Re: [OT] Bücher

Beitragvon Mapache » 23. Juni 2012, 12:03

Nein, für mich ist das Spiel die Geschichte. Die Regel ist nur notwendiges Übel (auch wenn einige Regeln gut zur Geschichte beitragen) und haben nur zufällig was mit Büchern zu tun. Natürlich ist Leseverständnis für beides notwendig, aber darüber hinaus noch weiters Verständnis.
Vielleicht muss man mal von den Büchern weg. Ich finde sowieso, dass der Vergleich nicht passt. Bei einem Videorekorder, da ist mein Ziel Filme aufzunehmen und wie abzuspielen. Bei vielen sind die "Regeln" um dies zu tun so kompliziert, dass man aufgibt, bevor man zum eigentlichen Zweck des Geräts kommt. Ebenso ist es bei Spielen. Eine der Lösungen ist, die Regeln einfacher zu machen, die Anzahl zu reduzieren. Eine weitere ist es, die Regeln intuitiver zu machen, Hilfen anzubieten, etc. Man sollte also Leuten, die man zum Spielen bringen will (und genau das soll, meiner Meinung nach, der rote Pöppel machen), ein passendes Gesamtpaket anbieten. Dies beinhaltet, neben einem guten und interessantem Spiel auch einfache Regeln. Ich meine mit einfachen Regeln keine simplen Regeln, sondern einfach zu lernende Regeln.


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